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1919

Zeiungsberichte

Seite: 187

Das Anrudern der Frankfurter Ruder-Vereine

Ein herrlicher Maientag! Nach vielen kalten Regentagen endlich über Nacht ein unerwarteter Wetterwechsel. Die Ruderer hatten ihn längst herbeigesehnt, sie waren gerüstet auf den Beginn der Ruderzeit, die mir einer machtvollen Kundgebung den Frankfurter Ruderfreunden vor Augen geführt werden sollte. In aller Stille waren die Vorbereitungen getroffen worden und der Erfolg war nach Erwarten ausgefallen. Vielleicht hätte die Beteiligung noch stärker sein können, wenn die ganz Vorsichtigen sich eher mit einem möglichen Wetterumschlag vertraut gemacht hätten, aber es war auch gut so. Es fehlte nur noch die Mobilisierung der Zuschauer, aber die war gleich vollzogen. Ein deutlicher Wink in der gesamten Presse von Frankfurt und Offenbach und alles war pünktlich zur Stelle. Noch am Vorabend kam ein Fernspruch von Offenbach: Fahrn mer? Ja, mer fahrn! Gut, mer komme mit siwe Boote!

So brach der erste Mai-Sonntag an. Zunächst gab es eine Auffahrt des Süddeutschen Ruderverbandes am Vormittag. Sie ging von der Gerbermühle nach der Wilhelmsbrücke. Die Zuschauerschaft war noch etwas dünn gesät, als nach zehn Uhr sich die Boote in Bewegung setzten, sieben Achter, zwanzig Vierer, ein Zweier, sechs Einer, dreissig Boote mit 172 Ruderer. Auf dem städtischen Motorboot „Aja“ begleitete der Stab des Süddeutschen Ruderverbandes und sonstige Freunde und Förderer des volkstümlichen Ruderns die Boote der Alemania, Amicitia, Undine, Borussia, der Offenbacher Germania und der Fechenheimer RG, die nach kurzer Rast wieder zu den Bootshäusern an der Gerbermühle zurückkehrten, wo ein fröhlicher Umtrunk mit gut gemeinten Reden die Feier beschloss. Am Nachmittag hielten die dem Deutschen Ruderverband angehörigen Vereine des Frankfurt-Offenbacher Bezirks ihre Heerschau ab. Schon nach zwei Uhr kamen die Boote von Offenbach-Fechenheim durch die Oberräder Schleuse, und die Auffahrt nach dem Sammelplatz an der Wilhelmsbrücke machte einen guten Eindruck. In lang auseinander gezogener Kette strebten die Boote der Abfahrtstelle zu. Alles in blitzblankem tadellosen Ruderanzug. Ein mächtiges Gewimmel von Booten unterhalb der Wilhelmsbrücke, noch mächtiger das Gewimmel der Zuschauer, welche zu Tausenden die Uferstrecke und Brücken besetzt hielten und sich oberhalb des Regattaplatzes in dichten Reihen drängten. Solch ein Gewimmel möchte‘ ich sehn, auf freien Grund mit freiem Volk zu stehn. Die Worte des alternden Faust prägen sich dem Sinn fest ein.

Um dreieinhalb Uhr gibt der Leiter der Auffahrt von einem Vierer der Germania durch Schwenken der Flagge des Regattavereins das Zeichen und auf einen Schlag tauchen 300 Ruderblätter in die grünklaren Fluten des Maines. In Vierer-Reihen geordnet setzen sich 68 Boote in Bewegung, denen als Aviso acht schlanke Paddelboote vorausgeeilt waren. Vierzehn Achter, ein Sechser 38 Vierer, 14 Zweier und ein Einser von der Frankfurter Germania, dem Frankfurter Ruderverein, der Frankfurter RG Sachsenhausen, dem Frankfurter Ruderklub, dem Rudersport-Verein Teutonia, der Rudergesellschaft Oberrad, der Offenbacher RG Undine, dem Offenbacher Ruder-Verein, dem RV Hellas, Offenbach dem Fechenheimer Ruderverein, gestellt boten wohlgeordnet ein herrliches Bild rudersportlichen Lebens. Gut ausgerichtet umfuhren die Boote die Stromenge des Umbaues der alten Brücke und wichen den zur Wasserplage gewordenen Mietbooten aus, wobei die Gewandtheit und Kaltblütigkeit der Steuerleute wohltuend in die Erscheinung trat. Freundlich auf der ganzen Strecke begrüßt, unzählige Male photographiert, näherten sich die Boote dem Zielpunkt an der Gerbermühle, wo Rast gemacht und im geräumigen Gesellschaftshause des Frankfurter Ruderklub Unterstand genommen wurde, und da dieser nicht ausreichte, auch in den nebenan gelegenen Bootshäusern und Gärten reichlich der vorhandenen Labung und Atzung zugesprochen wurde. Der Stab der Frankfurter Ruderei hatte sich dort eingefunden, der Vorstand des Regattavereins in voller Zahl, das neue Frankfurter Ausschussmitglied des Deutschen Ruderverbandes als Steuermann des Opel-Vieres, es fehlte niemand vom amtlich geaichten Ruder-Frankfurt. Ein frohes, volkstümliches Treiben entwickelte sich, überall herrschte volle Harmonie, und was das beste war, es wurden keine Reden gehalten, keine Versprechungen auf die Zukunft aufgestellt, deren Einlösung noch vom eigenen guten Willen abhängt. Aber mit Befriedigung konnte die Frankfurter Ruderei auf einen erfolgreichen Tag zurückblicken, der alte Beziehungen zur Bevölkerung aufs neue gefestigt und geknüpft hat, die selbst die schweren Schicksalsschläge der letzten vier Jahre nicht lockern konnte. Das war wohl das einmütige Empfinden der Tausende, die langsam von der Gerbermühle über den gründen Mainwasen der Stadt zuströmten.

Rudersport Nr. 21 - 21.05.1919

Seite: 200

Offenbach a. M.

Bei den Offenbacher Vereinen ist starker Zugang an neuen Mitgliedern und der Betrieb lebhafter wie je. Der Offenbacher Ruderbverein bildet zwei Achter und unabhängig hiervon zwei Vierer aus. Das Bootshaus hat eine Ernerung durch Umbau der Fassade gefunden. Am Sonntag Vormittag fand die Taufe eines neuen, auf der Werft von Leux erbauten Gig-Achters statt. Der Vorsitzende Koch hielt die Weiherede in welcher er Vergangenheit und Zukunft der deutschen Ruderei besprach und die Jugend anspornte, ihre Kraft dem Vaterland zu weihen. Das Boot erhielt zu Ehren des Stifters den Namen Leo Bloch. Am Nachmittag fand eine Auffahrt der Vereinsboote statt.







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